Im Laufe unseres Lebens ...

... entwickeln wir aufgrund unserer Erbanlagen, der eigenen Erfahrung und Gewohnheit ein Wertesystem und daraus folgernd eine spezifische Handhabung und Umgangsformen mit den Mitmenschen und ganz allgemein mit den begegnenden Aufgaben und Problemen in Familie, Beruf und Gesellschaft. Dieser gewohnte Umgang oder Dialog mit der uns umgebenen Wirklichkeit soll uns helfen, Lebensabläufe „routinierter“ zu gestalten. Dies ist einerseits eine wichtige Lebenshilfe, weil wir nicht bei jedem anstehenden Problem „das Rad neu erfinden“ müssen, darin besteht andererseits die Gefahr, dass wir in uns selbst „erstarren“ - und das eigentliche Neue gar nicht mehr erkennen können oder es auch nicht wollen.

Dies gilt sicherlich für fast alle Lebens- und Erfahrungsbereiche, mit denen wir es zu tun haben. Dies gilt auch für unseren Glauben, wie auch Glaubensauffassungen.

Es ist gewiss nicht leicht, die Aussage des Osterfestes „Christus ist auferstanden“ zu verstehen. Aus unserer alltäglichen Erfahrungswelt wissen wir zwar sehr wohl, was „Veränderung“, „Vergehen“ und „Tod“ bedeuten - aber Auferstehung?

Vielleicht mag uns die Emmaus-Geschichte dabei helfen: Die Jünger haben sich auf den Weg gemacht—dabei gesellt sich unterwegs ein weiterer Wanderer hinzu, den sie nicht kennen. Weil ihr Herz noch so voll ist von dem, was sie mit Jesus gemeinsam erlebt haben, erzählen sie dem Fremden davon. Beim anschließenden Abendbrot wandelt sich dieses in das, was Jesus mit ihnen beim letzten Abendmahl feierte: die Gegenwart Gottes. Erst im Nachhinein erkennen die Jünger in dem Fremden den Auferstandenen.

Christsein bedeutet wohl demnach, „sich selbst auf den Weg machen“ - offen zu sein für die Begegnung, für die Ansprache Gottes - wach zu bleiben, dieses Ansprechen Gottes im eigenen Leben nicht zu überhören.

„Wer wie ich von klein auf christlich sozialisiert wurde, hat viele Glaubensinhalte verinnerlicht. Wir können Gebete und Lieder auswendig, orientieren uns am Kirchenjahr, sind mit biblischen Texten vertraut, wissen um theologische Wahrheiten und verfügen über Grundkenntnisse der Kirchengeschichte. Das ist ein großer Schatz. Aber darin liegt auch die Gefahr der Erstarrung.[…]

Auch in meinem Glauben gab es Botschaften, die mich auf der Wanderung zu Gott nicht förderten, sondern behinderten. Sie darf ich getrost begraben.“
(aus: Georg Schwikart, Requiem für meinen Glauben, © Echter Verlag, Würzburg 2022, S. 10 u. 15)

 

Im Namen des Pastoralteams wünsche ich allen ein frohes und gesegnetes Osterfest

Pastor Hans-Günter Richter

 

Bild: gemeinfrei, Pfarrbriefservice.de

 

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